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Prokrastination oder weshalb ich mit diesem Eintrag dem Aufschieben nicht entkomme

Vor ein paar Wochen habe ich einen Beitrag über Lisa Christ, die Schweizer Slam-Poetin, geschaut. „Lisa und das Prokrastinieren“ nennt sich der vierminütige Zusammenschnitt, in welchem die Künstlerin offenlegt, welche Rolle das Aufschieben in ihrem Arbeitsprozess spielt. Die ehrlichen Worte gehen mir nicht mehr aus dem Kopf. Ihr gelingt es, zu formulieren, wie auch ich mich oft fühle: „Ich kann nicht sagen ‚Ich setze mich jetzt hin und schreibe ein Buch‘. Kreatives Arbeiten - gerade bei Projekten ohne Deadline - ist oft ein riesiger, unüberschaubarer Berg. Dann weiss ich nicht, wo und wann ich anfangen soll.“ (Christ, Lisa: Lisa und das Prokrastinieren. In: SRF „We, Myself & Why“ vom 22.05.2021) Dieses Aufschieben ist ein Teufelskreis: Je länger man das Schreiben vertagt, weil man sich uninspiriert fühlt oder - wie in meinem Fall - lieber selber Abenteuer erlebt, als von ihnen erzählt, desto grösser wird der Berg, über den geschrieben werden soll. Im Unterschied zu Christ finanziere ich meinen Lebensunterhalt (zur Zeit) nicht mit kreativem Schaffen. Also bin ich in der komfortablen Lage, Umbali von einem Tag auf den anderen aufgeben zu können. Offline zu gehen. (Und es ist nicht so, dass Patrick und ich darüber nicht schon diskutiert hätten.) Dennoch fühle ich mich verpflichtet, weiter zu schreiben. Einerseits möchten wir, Patrick und ich, uns erinnern. Andererseits lassen mich Nachrichten mit Gedanken zu unseren Texten und Bildern, Inputs, Kritik und Nachfragen, wann neue Beiträge erscheinen, weiter machen. (Vielen Dank an dieser Stelle!) Und ich sehe es nach wie vor als Privileg, dass ich momentan die Musse habe, den Alltag fremder Menschen zu erfahren und über deren und mein eigenes Leben zu reflektieren. Meine Texte brauchen aber Zeit. Für den wahren Grund lasse ich nochmals Lisa Christ für mich sprechen: „Aufschieben ist immer ein Zeichen einer gewissen Hilflosigkeit verbunden mit dem Respekt oder der Angst vor dem Scheitern.“ Um ehrlich zu sein, nährt sich meine eigene Prokrastionation von eben diesen Selbstzweifeln. Schliesslich will ich Texte schreiben, die mir gefallen, die ich spannend und denkwürdig finde. Bei jedem Schreibanlauf sehe ich mich mit der Frage konfrontiert: „Werde ich zufrieden sein mit dem Endprodukt?“ DAS ist der Grund, weshalb es wesentlich leichter ist, einen Kurztext über das Aufschieben zu schreiben, als über unsere Zeit in Bolivien. Äxgüsi.



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