„Alle Zeit, die nicht mit dem Herzen wahrgenommen wird, ist verlorene Zeit.“ (Momo, Michael Ende)
Obwohl ich mich nur noch vage an Momos Geschichte erinnerte, die meine Eltern uns in Kindertagen vorlasen; die Zeitdiebe konnte ich niemals vergessen. Ihr aalglattes, aschengraues Auftreten, ihre qualmenden Zigarren und ihre furchtbare Mission waren mir als Kind so unheimlich, dass ich kurz innehielt bei der Idee, das Buch als Adventskalender für Patrick vorzubereiten. Heute - zwei Tage vor dem letzten Kapitel - bin ich froh, haben wir es gelesen. Es hat uns angeregt, erneut darüber nachzudenken, womit wir unsere Zeit wirklich verbringen möchten.
Unsere gesamte Adventszeit haben wir in Kambodscha verbracht. Und obwohl ich Kerzenschein, Guetzli backen, Weihnachtsmärkte und meine liebsten Menschen dieses Jahr besonders stark vermisste, genossen wir die entspannte Atmosphäre der Städte und Menschen nach einem Monat im chaotisch-hektischen Vietnam. Auf einer kleinen Insel im Süden erholten wir uns an menschenleeren weissen Sandstränden und im türkisblauen Meer. Mit dem Motorrad unternahmen wir mehrtägige Touren, auf welchen wir verlassene Tempel und Höhlen entdeckten, den köstlichsten Pfeffer der Welt probierten, durch den Dschungel wanderten oder die riesigen, chinesischen Casinos und Hotels bestaunten. Während uns Phnom Penh die unfassbare Vergangenheit unter der Herrschaft der Roten Khmer näherbrachte, liessen wir uns in Kratie von traditioneller Khmer Architektur bezaubern. Wir fuhren mit dem Motorrad unserem geliebten Mekong entlang - fast bis zur laotischen Grenze - und genossen es, den Alltag der Menschen in den verschiedensten Facetten mitzuerleben: während der Stärkung mit Zuckerrohrsaft oder Klebreis am Strassenrand, beim Schwatz auf dem Markt oder beim Betrachten gewaltiger Moscheen auf Stelzen. Die Cardamom Mountains forderten unsere ganzen Kräfte als wir auf den schlechtesten Strassen des Landes von Battambang bis ans Meer fuhren - die Tage so heiss wie Feuer und die Nächte kühl oder steinhart (unser Mätteli hat Löcher…). Kambodscha hat mich begeistert. Aber das Vermissen blieb. Als wir vor zwei Tagen durch die unzähligen Tempelruinen Angkor Wats spazierten und uns Sokhan, ein kambodschanischer Freund, mittels wunderschönen Wandreliefs in die hinduistische Mythologie einführte, war ich müde. Unser letzter Tag in Kambodscha hätte perfekter nicht sein können - faszinierende Architektur und Geschichte, das beste Vegi-Amok und bewegende Gespräche mit einem spannenden Freund - doch das Vermissen hatte mich erschöpft.
Seit den frühen Morgenstunden des 21. Dezembers vermisse ich noch mehr. Dennoch fühlt sich unsere Reise noch immer richtig an; weil ich dabei die Zeit mit dem Herzen wahrnehmen kann. Und genau das ist es, was ich uns allen für die diesjährige Weihnachtszeit und fürs neue Jahr wünsche: Zeit für jene Dinge im Leben, die uns erfüllen. Zeit für diejenigen Menschen, die uns das Gefühl geben, ganz uns selbst zu sein. Zeit für das, was wirklich zählt.
Ps. Wir verbringen die Festtage dieses Jahr im Norden Thailands. Das beste daran: Mit Patricks Eltern. :)
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