„Alles was wir hören, ist eine Meinung, keine Tatsache. Alles, was wir sehen, ist eine Perspektive…
...keine Wahrheit.
Mark Aurel, römischer Kaiser und Philosoph
Gesponsert von Patricks Eltern, die gerne Neues und Alternatives aus der Welt hören.
Honduras empfängt uns alles andere als mit offenen Armen; Honduras empfängt uns mit Verkehrsumzug, Hupkonzert und jubelnd-fahnenschwingenden Menschen wie nach einem gewonnenen Fussballspiel. Es ist der 29. November 2021, ein Tag nach der Wahl der neuen Präsidentin, als wir in San Marcos - gut zehn Kilometer nach der nicaraguanischen Grenze - ankommen. Die Wahl selbst konnten wir dank dem kleinen Funkradio von Daniels Abuela mitverfolgen: die gesamte Familie sass am Abend des 28. November auf der Veranda der Mejia-Farm versammelt, um den Stimmen aus dem Rauschen und Knacken zu lauschen (siehe Blogbeitrag vom 4. September 2022). Als am nächsten Morgen feststand, dass Xiomara Castro aus der Linkspartei Libre ins Präsidentenhaus einziehen würde, war Abuela enttäuscht. Als gebürtige Honduranerin gehört ihre Familie der konservativen Partido Nactional de Honduras (PNH) an.
Vielleicht war es die Resignation der Nicaraguaner und ihr daraus resultierendes Desinteresse an Präsidentschaftswahlen (siehe Blogbeitrag vom 4. September 2022), dass wir vom Strassenfest in San Marcos überrumpelt sind. Vielleicht sind es die steten Warnungen, sich in Zentralamerika aus jeglichen politischen Veranstaltungen fernzuhalten, die mich unsicher machen, als ich mitten im Stau aus dem Van steige. An Weiterfahren ist momentan nicht zu denken, weshalb ich mich entscheide, zu Fuss unser obligates Willkommens-Bier einzukaufen, während Patrick weiterhin versucht, sich mit Willy einen Weg durch die Meute zu bahnen.
Unser Tag war lang. Nachdem uns Daniel von der Farm nach Somoto gebracht hatte, bestätigte sich unser Verdacht: im gesamten Land sind Covid-19-Tests für Reisende nur in Managua erhältlich. Anstatt gut 200 Kilometer nach Managua zurückzufahren, entschieden wir uns für Plan B. Plan B bedeutet: an die Grenze fahren, vor Ort nach einer Lösung suchen, diskutieren, überzeugen, allenfalls schmieren. An der Grenze angekommen, schien unser Vorhaben vielversprechend. Die nicaraguanischen Polizisten bestätigten, dass wir hier - sprich auf der honduranischen Seite - einen PCR-Test machen können. Unsere Ausreise gestaltete sich somit einfach (wenn ich an dieser Stelle unseren Platten ignoriere, auf den uns einer der Polizisten direkt vor dem Grenzübergang aufmerksam machte. Alle Hilfsbereitschaft in Ehren: der Fahrer eines riesigen Lastwagens erklärte sich sofort bereit, uns den Pneu zu pumpen. Bis wir uns so positioniert hatten, dass sein Luftschlauch unser Rad erreichte, bildete sich eine lange, hupende Kolonne hinter uns.). Wenig später sassen wir vor der honduranischen Gesundheitskontrolle und warteten auf einen Verantwortlichen. Die anfängliche Zuversicht war verschwunden: hier gab es kein PCR-Testzentrum. Der junge Mann, der für die Kontrolle der PCR-Tests verantwortlich war, erklärte uns freundlich, aber bestimmt, dass wir ohne Test nicht ins Land kämen. Wir wiederum erklärten ihm geduldig, dass wir nun zwischen zwei Ländern feststeckten: weder Honduras noch Nicaragua liess uns ohne PCR-Test einreisen. Sackgasse. Als der Verantwortliche erschien, packten wir einmal mehr unsere gesamten Verhandlungsküste aus. Nach einer halben Stunde hatten wir eine Lösung: er liess uns zwar einreisen, aber nur mit einem Transitvisum. Das heisst: Nach 24 Stunden müssten wir Honduras wieder verlassen haben. Für uns bedeutete dieser mässige Erfolg, dass wir am nächsten Tag direkt nach El Salvador weiterzufahren hätten. Mehr lag - immerhin ohne Bestechung - nicht drin für uns. Für mich sollte es aber noch schlimmer kommen: als wir Willys Papiere beim Zoll einlösten und eine Zöllnerin den obligaten Kontrollblick in unseren Van warf, wurde offensichtlich, dass sie es auf meinen panamaischen Basilikum abgesehen hatte. Obwohl der Basilikum bei Grenzübertritten immer wieder Gegenstand von Diskussionen wurde; bislang gelang es uns, ihn zu verteidigen. Als die Zöllnerin mit der Kontrolle fertig war, bei der sie sich bereits nach dem Basilikum erkundete, wurde ich plötzlich ins Büro eines Beamten geladen. Er müsse die Pflanze beschlagnahmen und vernichten, erklärte er mir. Da ich den Basilikum nicht rausrücken wollte, folgte eine weitere, erfolglose Diskussion. Schliesslich befanden wir uns - der Zollbeamte, Patrick und ich - vor einer Böschung. Patrick bestand darauf, die Pflanze eigenhändig zu vernichten, um sicherzugehen, dass der Beamte ihn nicht selbst einsteckte. Hohen Bogens flog der Basilikum - vor dem verdutzten Gesicht des Zöllners - in den honduranischen Dschungel. Die Sache war für uns erledigt. Nicht aber für den Beamten: wenige Minuten später sah ich ihn die Böschung hinaufklettern - mit meinem lädierten Basilikum in der Hand. Ich traute meinen Augen nicht! Tatsächlich waren wir inmitten eines Basilikum-Machtkampfes geraten! Als wir abermals in sein Büro gerufen wurden, um die Vernichtung mit unserer Unterschrift zu besiegeln (bzw. um dem Mann seinen Erfolg und unsere Niederlage zu bestätigen), kramte Patrick seine formellsten, spanischen Schimpfworte zusammen. Ich hatte bereits aufgegeben.
An diesem Abend schlafen wir auf der Wiese eines Automechanikers, weil Willy abermals einen Platten hatte. Noch immer wird gefeiert; der Verkehrsumzug löste sich jedoch bald auf und wir konnten friedlich ein Bier trinken. Die Familie des Automechanikers will uns zu sich einladen, obwohl sie selbst nur eine kleine Holzbarracke zur Verfügung hat. Wir lehnen dankend ab und fallen in einen tiefen Schlaf. Am nächsten Tag - nach erfolgreichem PCR-Testing und honduranischem Frühstück - verlassen wir Honduras vorerst wieder und reisen in El Salvador ein. Ironie: Unseren PCR-Test will niemand sehen.
Drei Monate später stehen wir zum zweiten Mal an der Grenze Honduras. Die Anfahrt stellte sich als mühsam heraus, da uns Willys Motor noch immer Streiche spielt (siehe Blogbeitrag vom 7. November 2022). Zudem fühlt sich Patrick krank. In einem winzigen Tante-Emma-Laden müssen wir unsere Grenzformalitäten erledigen. Es ist heiss, Kinder quengeln und der einzige Beamte ist ob der vielen Leute überfordert. Dennoch: Seit Guatemala haben wir einen Trumpf im Ärmel, der uns das Reisen - immerhin theoretisch - erleichtern soll. Wir sind stolze Besitzer eines Impfpasses. Tatsächlich gestaltet sich die Einreise diesmal problemlos. So problemlos, dass Patricks Temperatur nach dreimaligem Messen kurzum angepasst wird. Denn: Wir sind ja nun im Besitz eines Impfpasses.
Unser holperiger Start in Honduras wird durch die nächsten drei Wochen um ein Vielfaches wettgemacht. Sobald wir ausser Grenznähe sind, tauchen wir ab in ein Land, das uns verzaubert. Aller politischen und wirtschaftlichen Instabilität, aller Bandenkriege, Korruption und Armut zum Trotz: Honduras ist für uns ein Paradies.
Die neueste Geschichte Honduras ist jener von Nicaragua nicht unähnlich (siehe Blogbeitrag vom 4. September 2022). 1821 wurden beide Länder unabhängig und seit spätestens der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts stehen beide Länder stark unter US-amerikanischem Einfluss. In Honduras gründet dieser Einfluss auf die Regierungszeit von Marco Aurelio Soto, der das Land ab 1876 durch seine liberale Politik für US-amerikanische Grosskonzerne attraktiv machte. Exemplarisch für die nachfolgende kolonieähnliche Fremdbestimmung, die von Seiten der jeweiligen Regierungen unterstützt wurde, sei an dieser Stelle die Vormachtstellung der United Fruit Company (heute Chiquita) genannt. Sowohl die Anfangsjahre (1821-1876) als auch die Jahre bis 1981 waren von Militärregierungen und Instabilität durch ständige Regierungswechsel und Staatsstreiche geprägt. Wie in Nicaragua wurden auch in Honduras ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts linke und oppositionelle Politiker mithilfe der CIA eliminiert. Erst Roberto Suazo Cordova leitete 1981 eine Rückkehr zur Demokratie ein, wobei Honduras jedoch Ziehkind der USA blieb. Das führte dazu, dass Honduras in den zentralamerikanischen Kriegswirren der 80er Jahre als Versteck für Contra-Truppen (Anti-Sandinisten) diente, die gegen die kommunistische Regierung Nicaraguas kämpften. Ebenfalls unterstützte Honduras die Salvadorianische Regierung, die linke Guerillagruppen bekämpfte. Alles ganz im Sinne der USA.
1998 durchlebte das Land eine unvergleichbare Naturkatastrophe: Hurricane Mitch forderte über 11‘000 Menschenleben in Mittelamerika, wobei alleine in Honduras 7000 Opfer zu beklagen waren. Gut 1,5 Millionen (20% der Gesamtbevölkerung) Honduraner wurden obdachlos und vor allem die verwüsteten Bananenplantagen warfen die Wirtschaft um Jahrzehnte zurück. (Auch dieses Schicksal teilt sich Honduras mit Nicaragua. Obwohl in Nicaragua wenigen Menschen ihr Leben verloren, waren die Folgen des Hurricanes immens: der Vulkan Casita begrub unter einer Schlammlawine über 1500 Menschen, mehrere Dörfer wurden komplett ausradiert.)
Doch auch im 21. Jahrhundert blieb Honduras nicht verschont. Seinen letzten Staatsstreich verzeichnet das Land 2009, als der damalige liberale Präsident Manuel Zelaya Rosales vom Militär gestürzt wurde, zahlreiche diplomatische Vertretungen aus Tegucigalpa abgezogen wurden und die Nachbarstaaten ihre Grenzen zu Honduras schlossen. Einige Monate nach dem Sturz von Zelaya kam der rechtsliberale Präsident Porfirio Lobo an die Macht, der sein Land in alter Manier weiterverhökerte: Genehmigungen für Wasserkraftwerke, Solaranlagen, den Abbau von Edelmetallen und die Privatisierung der Infrastruktur ziehen (ausländische) Grosskonzerne an. Die sozialen Konflikte haben sich seither verschärft, da viele Einheimische durch die Grossprojekte benachteiligt bzw. ihrer Lebensgrundlage beraubt werden. Widerstand ist in Honduras gefährlich und wird oft mit dem Tod bezahlt. Eine weitere grosse soziale Herausforderung stellen die städtischen Jugendbanden dar, die vor allem arme Stadtteile besetzen und sich gegenseitig bekämpfen. Die beiden grössten Banden „Barrio 18“ und „Mara salvatrucha“ haben Schätzungen zufolge jeweils bis zu 40‘000 Mitglieder. Viele der Gewalttaten, die Honduras Städte zu den unsichersten Städten der Welt machen, gehen auf das Konto der Bandenkriege. Wenngleich die Mordrate in Honduras noch immer zu den höchsten weltweit gehört, sind die Zahlen seit zehn Jahren rückläufig.
Wir kennen Honduras neueste Geschichte. Und obwohl wir mit vielen Diskussionen und Warnungen - sowohl von anderen Reisenden als auch von Einheimischen der Nachbarstaaten - konfrontiert werden: wir wollen ein anderes Honduras kennenlernen. Ein Honduras jenseits von Klischees und eigenen Angstprojektionen.
Unsere ersten zwei Nächte verbringen wir in Copan. Bei frischen Fruchtsäften schmieden wir Pläne für die kommenden Wochen. In einer Auffangstation für traumatisierte und misshandelte Vögel bestaunen wir farbenprächtige Aras, Papageien und Tukane. Die Maya-Ruinen von Copan begeistern uns, obwohl wir derer schon so viele gesehen haben. Sie sind wunderbar unberührt und im verwunschenen Dschungel leben Ara-Kolonien, welche den Ort wie aus dem Bilderbuch erscheinen lassen, wenn sie in der Abendsonne über die Ruinen fliegen. In den folgenden Tagen geniessen wir die Ruhe, die Natur und die gemütlichsten Menschen der Welt: über kurvige Strassen fahren wir zum menschenverlassenen Wasserfall Pulhapanzak, am Flussufer von Los Naranjos übernachten wir und paddeln am nächsten Tag mit dem Kajak auf den Lago de Yojoa hinaus. Keinen einzigen Menschen treffen wir an: nur unzählige Wasservögel und Motmots, die sich ob unserer Anwesenheit kaum beeindruckt zeigen. Zmittag essen wir auf den grossen Steinen am Ufer des Sees und als wir am Abend zurückpaddeln, haben wir uns den Sonnenbrand unseres Lebens eingefangen. Auf dem Grundstück einer herzigen Brauerei dürfen wir übernachten - und haben eine Neuenburger Familie als Nachbarn, mit welcher wir in Zentralamerika- und Bier-Schwärmereien schwelgen. Unsere Weiterreise bringt uns an Lagunen vorbei, im Parque National Cerro Azul Meambar wandern wir durch den Dschungel, erfrischen uns im Wasserfall und schlafen auf einem wunderschönen Campingplatz. Zum Abendessen machen wir mit Käse gefüllte Kartoffeln aus dem Feuer und Maiskolben, bevor wir den nächtlichen Urwald entdecken, Fröschen und Zikaden lauschen. Im weitläufigen Jardin Botanico Lancetilla entdecken wir einen riesigen Baum voller Kolibris, kühlen uns im Fluss ab, lernen giftige Pflanzen und Hibiskuswein kennen. Einmal können wir am Flussbett aus Kies schlafen, einmal sind die Steine zu riesig und wir müssen umkehren, damit Willys Bauch nicht zu Schaden kommt. Im Nationalpark Pico Bonito springen wir nackig in Wasserfall und Fluss, wandern durch den Urwald und über Hängebrücken, währenddem die schönsten Schmetterlinge durch die tropische Luft flattern. Eine knappe Woche machen wir Ferien auf der wunderschönen Pirateninsel Roatan; da wir beide mit Magen-Darm-Problemen zu kämpfen haben eine dankbare Pause. In Sandy Bay wohnen wir in einem kleinen Hostel bei der Kanadierin Mel. Wir geniessen den Luxus eines kleinen Pools, einer kleinen Küche, den Austausch mit anderen Reisenden und den allabendlichen Sonnenuntergangs-Apéro. Tagsüber erkunden wir das farbige Riff und schwimmen mit riesigen Adler- und Stachelrochen; abends geniessen wir in West End die besten Baleadas und Monkey Lalas (siehe Rezepte Honduras). Zwei Tage sind wir mit dem Motorrad unterwegs. Die kurvigen Strassen der Insel bieten wunderschöne Ausblicke. Wir besuchen Leuchttürme, Garifuna-Dörfchen und West Bay, die touristische Hochburg Roatans, wo Patrick ob dem mit Megafonen angefeuerten Touristen-Entertainment leicht aggressiv wird, während ich die überirdischen Farben des Wassers und Strandes in mich aufsauge. In Georgetown mieten wir ein Kajak und paddeln damit in die Mangroven, bis wir in einer versteckten, kristallklaren Lagune ankommen. Hier essen wir unser Mittagessen, bevor wir zu Captain Eds schwimmender Bar hinüber paddeln. Obwohl wir von dem Unikat schon viel gehört haben, sind wir dennoch irritiert: uns gegenüber steht ein amerikanischer Aussteiger mit Pferdeschwanz und Schnauzbart. Hinter ihm wehen amerikanische Flaggen, Trump-Poster und Militärembleme; und an den Deckenbalken der schwimmenden Plattform klettert ein kleines Kapuzineräffchen - Chewy. Wir scheinen in einer anderen Welt gelandet zu sein - vielleicht gerade im Herz jener Welt, von der uns öfter erzählt wurde: Roatan ist eine US-amerikanische Expats- und Rentner-Hochburg. Bei einem Bier erzählt uns Ed Piratengeschichten aus Jahren, da die Welt noch in Ordnung schien (und denen wir nicht wirklich folgen können). Er umsegelte sein halbes Leben lang die Welt: „Beim Segeln gibt es keine Gesetze; zumindest keine staatlichen“, erklärt er seine Motivation. Weil ich keine Lust verspüre, mit ihm über (amerikanische) Politik zu diskutieren, widme ich mich Chewy, dem angeketteten, gestörten Äffchen. Als wir aufbrechen, können wir seinem Wunsch, mit Bitcoins zu bezahlen, leider nicht nachkommen. „Die einzige ehrliche Währung“, wie er sagt. „Mit Bitcoins machen wir selbst die Gesetze und nicht irgendwelche Banken und Finanzinstitute!“ Es ist bereits dunkel, als wir am nordöstlichsten Strand, dem verlassenen Camp Bay, ankommen. Ian, ein Strandverkäufer, lässt uns unser Zelt neben seiner Holzbarrake aufstellen. Am nächsten Tag geniesse ich den Strand bei Sonnenaufgang, schaue Pelikanen beim Fischen zu und als Patrick aus dem Zelt kriecht, stürzen wir uns ins Meer. Auf dem Heimweg fahren wir über Punta Gorda, wo wir direkt am Meer brunchen und sich Garifunas bei Musik und Tanz zusammengefunden haben. Am Tag unserer Abreise von Roatan stürmt es so, dass uns am Fähren-Terminal gesagt wird, dass die Fähre die nächsten Tage nicht in See stechen wird. Insgeheim freue ich mich, da ich eine Chance wittere, noch länger auf der Pirateninsel zu bleiben. Dennoch fahren wir per Anhalter an den kleinen Flughafen, wo uns wenig später ein 13-Passagiere-Flugzeug ans Festland bringt; die Turbulenzen halten sich in Grenzen. Doch als wir im Van sitzen, regnet es in Strömen; die Nacht verbringen wir an einer Tankstelle.
Unsere letzten Tage in Honduras überraschen mit zwei weiteren Highlights. San Pedro Sula - gemäss dem Wirtschaftsmagazin Forbes bis 2016 noch die gefährlichste Stadt der Welt - erleben wir gewohnt gemütlich. Wir dürfen auf dem Parkplatz der Brauerei Jungla am Stadtrand übernachten. Spätestens als wir Jason kennenlernen, fühlen wir uns pudelwohl. Was mit einer kleinen Bier-Degu beginnt, endet mit einem Rockkonzert, an dem wir uns fühlen, als wären wir an einem Schweizer Festival. Mit einem Kater kriechen wir am nächsten Morgen aus dem Van und spazieren in den hauseigenen Dschungel der Brauerei. Jason zeigt uns die neugebauten Bungalows, wir plaudern mit der Band; dann fahren wir nach Omoa weiter. Hier treffen wir Roli aus dem Zürcher Unterland. Er schreckt mich anfangs ein wenig ab: seine schroffe Begrüssung, sein wildes Äusseres, seine vielen Hunde. Doch spätestens als Nelia auftaucht, sind meine Bedenken verflogen: sie bringt uns frischgebackene Kokosbrötchen und heisse Schokolade von den eigenen Kakaobohnen. Den beiden gehört die Finca Cacao Baum, wo sie eigenen Kakao anbauen. Die nächsten zwei Tage bleiben wir auf ihrer Farm. Während uns Roli durch sein Labor führt, seine Finca zeigt und wir mit den Händen in den fermentierenden Bohnen wühlen dürfen, erzählt er uns. Von der Kakaoproduktion, von seinen Reisen und wie er sich entschied, in Honduras zu bleiben. Dann fällt das Gespräch auf die honduranische Kriminalität: „Solange ich in diesem Haus wohne und so rumlaufe, wie ich rumlaufe, haben wir keine Schutzgeldzahlungen zu befürchten. Wenn die Kakaofarm aber viel Profit abwirft, könnte sich das Blatt wenden.“ Dann pflückt er Mangosteens und Litchis von den Bäumen und gibt sie uns zum probieren. Und als er am Abend mit einem grossen Laib Käse vor uns steht und uns zum Raclette einlädt, kommen uns beinahe die Tränen. Zwar nicht mit Käse, dafür aber mit den weltbesten Kakaonibs fahren wir am nächsten Tag aus dem gemütlichsten Land Mittelamerikas hinaus.
Ps. Wenn ich egoistisch bin, dann soll Honduras unter Reisenden noch lange als gefährlich gelten. ;)
Was ist das für ein Basilikum? 😮
Vielen herzlichen Dank für diese sehr interessante und kurzweilige Geschichte. Sehr schön Miri, wie du die Vergangenheit miterzählst. So kann man sich wirklich hineinfühlen warum ihr das jetzt so vielfältig erleben konnten.
Herzliche Grüsse